Kolokotroni 9
Der Tag war sehr gemütlich und es wurde Zeit sich für den Abend bzw. die Nacht vorzubereiten. Üblicherweise habe ich einen genauen Plan wann ich welche Bar besuchen möchte, doch bei dieser Reise habe ich nur eine Vorstellung davon. Ich liebe es bei Nacht durch die Straßen zu spazieren und mich einfach treiben zu lassen. Die Welt ist weniger bunt und die Eindrücke sind stärker wahrnehmbar. Spontan entschied ich mich die Bar des A for Athens Hotels zu besuchen. Das ist eine Hotelbar in der obersten Etage mit direktem Blick auf die Akropolis. Demnach geht es mit dem Aufzug nach oben, der einen direkt in die Bar ausspuckt. Viel Glas, etwas verwinkelt und eine traumhafte Aussicht. Aber es war voll, laut, eng, die Bar an sich gefiel mir nicht, die Atmosphäre war unangenehm und ich nahm den nächsten Aufzug wieder nach unten.
Weiter ging es durch den lebendigen Stadtteil Psirri. Hier befinden sich meine Lieblingsbars und eine Menge neuer Bars. Es reihen sich Trinkstätten an Trinkstätten und alle haben eine stattliche Auswahl an Spirituosen in den Regalen. Etwas überwältigt von der Auswahl stoppte ich vor der kleine Bar Kolokotroni 9. Bei meinem letzten Besuch hatte ich hier meinen letzten Drink. Den Bartender hatte ich am Tag zuvor im Baba getroffen. Es findet sich hauptsächlich Rum und Gin in den Regalen und ganz viel eigene Zutaten und Kräuter aus Griechenland. Überall sind kleine Gefäße, Döschen, Schälchen, wie in einer Puppenküche. Mein Herz ging auf, als ich den Bartender meinen ersten Drink zubereiten sah. Er arbeitet mit einer Präzision und am Ende stand vor mir ein Getränk mit Gin, leichter Säure, gesüßt mit einem speziellen selbstgekochten Kräutersirup gekrönt von einem leichten kirschigen Schaum. Bestellt hatte ich nur was mit Gin und nicht zu süß. Die Karte selbst hatte ich erst gar nicht bekommen.
Als ich mit dem Drink fast fertig war, sah ich den Bartender einen neuen Drink zubereiten. Er dekorierte ein Glas mit einem halben violetten Zuckerrand und füllte eine leicht bläuliche Flüssigkeit ein. Ich wunderte mich über den halben Zuckerrand, aber als der Drink dann plötzlich, mit der Erklärung, dass der Rand nur halb gezuckert ist, weil es mir dann zu süß werden könnte, vor mir stand, da war ich echt gerührt. Der Drink ist eine eigene Kreation, die für einen Wettbewerb geplant war, an welchem der Bartender dann doch nicht teilgenommen hatte. Es ist eine Abwandlung eines Aviation, bei dem hauptsächlich Maraschino durch Piniensirup ersetzt wurde. Ich probierte erst ohne Zucker, dann mit Zuckerrand. Dann wieder, der Drink wurde etwas wärmer und ich nahm immer wieder erneut einen Schluck. Dieser Drink gehört eindeutig zu den seltenen Drinks, die mich wirklich berühren. Jeder Schluck war ein neues Erlebnis. Der Geschmack ganz fein, elegant, leicht pudrig und ich roch und nippte und strahlte den Bartender an. Hier ist ganz viel Liebe und Herzblut am Werk.
Schweren Herzens riss ich mich los, da ich noch eine Verabredung im Baba Au Rum hatte und außerdem das neue Schild im Fenster bewundern wollte. Bisher hatte das Baba kein Namensschild, aber auf Grund der wachsenden Bar Szene wurde das wohl Zeit. Der Schrifttyp ist der gleiche wie auf Karte und Webseite und sieht gut aus. Ich traf meine Verabredung, erfrischte meine Sinne mit einem „Bohemian like you“, der mit Bier aufgefüllt wird. Zum Abschluss bekam ich einen Rum von dem besten und schönsten Bartender Griechenlands 🙂 Das Baba Au Rum Team ist einfach nur großartig und daRum komme ich immer wieder hierher.