Les Fleurs du Mal – nachhaltiges Erlebnis ✿

Les Fleurs du Mal – nachhaltiges Erlebnis ✿

Wo fange ich mit dem Bericht dieses phantastischen Abends an? Drinks perfekt, Essen perfekt, die Bar perfekt und was gehört noch zu meinem perfekten Abend im Obergeschoss des Schumann‘s? Meine Ikone Charles Schumann, ich bin nämlich ein Fan und Barstalker. Ich war im Barhimmel!

“Les Fleurs du Mal is a cocktail bar like I have always wanted, upstairs, on the first floor of the Schumann’s Bar am Hofgarten. One table, nine meters long, crafted from a single tree. You can take a seat and personally discuss the drinks with the barman – just like at a bespoke tailor.”

Punkt 19 Uhr geht es durch die Tür des Schumann‘s, weiter in das erste Obergeschoß. Hier residiert seit zwei Jahren die Bar Les Fleurs du Mal. Ich war geschäftlich in München und hatte bereits reserviert. Zu groß war die Enttäuschung als ich letztes Jahr die Bar geschlossen vorfand. Ich hatte meinen Kollegen mitgenommen, der schon viele Bargeschichten erzählt bekommen hatte und nun live dabei war.

Der Barchef Dietmar Petri und Felix empfingen uns, und ich nahm fast direkt vor dem Brett Platz. Ein kleiner Raum, dessen Herzstück ein großer Tisch ist. Dieser Tisch ist quasi die Bar, ein bisschen wie beim Running Sushi. Toll ist, dass man auf ganz normalen Stühlen an der Bar sitzt und die Füße ausstrecken kann. So bequem habe ich noch nie an einer Bar gesessen. In der holzgetäfelten Wand befinden sich beleuchtete Vitrinen mit den bekannten Spirituosen der Barwelt. Irgendwie erinnert es mich an ein edles 60er Jahre Wohnzimmer. Auf dem Tisch befinden sich Wasserkaraffen (Schott Zwiesel selbstverständlich) und genau vor uns eine große Schildkröte. Da das Vorgängermodell aus Holz plötzlich verschwand, wurde das Maskottchen der Bar durch eine 15 kg schwere Metallvariante ersetzt. Um diese zu entwenden muss man sich echt was einfallen lassen.

Dimi, so der Name von Herrn Petri, reichte mir die kleine delikate Karte an Drinks. Ich startete mit einem Champagner Cocktail zur Feier des Abends. Der „Buck & Breck“ ist grandios. Es kommt ein Schälchen mit saftigen Oliven dazu. Mein Kollege wählte den „Floridita Daiquiri“, der auch sehr fein abgestimmt ist. Die Getränke werden mit einer Lässigkeit und Präzision zubereitet, die ich fasziniert beobachtete. Man sitzt einfach so mittendrin wie in einem Wohnzimmer. Herr Schumann fragt immer gerne bei neuen Bars nach dem Bar Food. Jetzt verstehe ich auch warum, bei ihm gibt es nämlich einige Leckereien, wie an diesem Abend das Tatar. Dieses wurde uns empfohlen und nach dem ersten Drink auch bestellt. Ich fragte nach einer passenden Empfehlung und war beeindruckt von dem Ergebnis aus Rotwein, Jamaikanischem Rum, Ahornsirup und Orangeblütenwasser aus dem Hause The Bitter Truth. Kalter Glühwein, war mein erster Gedanke. Saulecker, der zweite und passend zum Essen. Das Tatar war ebenfalls köstlich. Ich hatte zwar gehört, dass das beste Tatar im Pacific Times zu finden sei, aber das probiere ich dann ein andermal. Jetzt war ich erst einmal rundherum zufrieden und glücklich. Drinks toll, Essen toll und die Gastgeberqualitäten … perfekt! Herr Petri ist ein sympathischer, ruhiger, kompetenter, unaufdringlicher und aufmerksamer Gastgeber. Er reichte mir einen Zettel und Stift, als ich mich gerade ärgerte keine Tasche dabei zu haben, er fragte nach dem Essen, ob er einen Espresso von unten mitbringen darf und er fragte immer zum richtigen Zeitpunkt nach den Wünschen. Von seiner Professionalität war ich beeindruckt, als er den Münchner Tanten neben mir auf ihre Bestellung eines Caipirinha einen schönen „Petit Punch“ servierte. Positiv auffällig sind die Preise der Getränke und Speisen. Für München hätte ich da mehr erwartet, da ist manche Bar in Berlin teurer.

Nach dem Espresso war dann auch wieder Platz für einen neuen Drink, an gehen war nicht zu denken, auch wenn es inzwischen richtig voll war. Da ich Herrn Schumann beim Betreten der Bar unten nicht erspäht hatte, fragte ich jetzt einfach mal nach. Er war nur kurz außer Haus, aber wohl schon wieder da. Neugierig spähte ich durch die großen Holzlamellen nach unten, dazu musste ich mich einfach umdrehen und schaute direkt auf die Bar eine Etage tiefer. Die Musik und Geräusche von unten hörte man dezent oben. Im Fleurs du Mal selbst lief keine Musik, was mir aber erst später aufgefallen ist, angenehm.

Ich konzentrierte mich aber nun auf die nächste Bestellung. Eine Idee hatte ich schon, aber ich wollte  dem Kollegen etwas mehr Raum für seine Wünsche lassen. Als er einen „Mother in Law“ empfohlen bekam, konnte ich natürlich nicht widerstehen. Ich berichtete von meinem Lieblings Mother in Law mit Noah’s Mill, meinte aber, dass wohl 57 % vol etwas zu viel seien, nach den vorangegangen Drinks. Erstaunlicherweise fühlte ich mich aber nicht im Geringsten angetüddelt. Wie das immer so ist mit den Vorsätzen und den leichteren Drinks … der Mother in Law bekam eine ordentliche Portion Booker’s, der bei 63,7 % vol liegt. Es war eine Freude bei der Zubereitung zu zusehen und das Resultat war sehr gut. Einen Ticken zu süß, aber das verflog mit zunehmender Wärme des Drinks. Das war ein sooo schöner Abend. Nach unten zog es mich dann, um zum einen die Waschräume aufzusuchen und zum anderen Herrn Schumann heimzusuchen. Ich entdeckte nämlich Kosta, der Herrn Schumann im Immertreu begleitet hatte. Peinlich hin oder her, ich sprach ihn an und er erinnerte sich (OMG), ging in die Küche und informierte den Chef. Der winkte mich in die Küche und da stand ich, küsste meinen Helden auf die Wange. Er roch lecker nach Bratkartoffeln und versprach später noch nach oben zu kommen, um mich zu besuchen. Über mich selbst lachend nahm ich oben wieder Platz und leerte meinen Drink. Es war immer noch nicht Zeit zu gehen und wir beschlossen noch einen letzten Drink zu nehmen.

An einen Flip hatte ich mich bisher noch nicht gewagt. Ein ganzes rohes Ei!!! Igitt!!! Am besten man betont dann auch noch den restlichen Abend gegenüber seiner Begleitung, dass man rohe Eier getrunken hat. Aber das war mein erster Flip. Ein „Ford Washington Flip“ bildete den süßen Abschluss der kulinarischen Schumann Reise.

The Making of Mother in Law:

Fehlt aber noch Herr Schumann, der erschien tatsächlich im Barraum und suchte nach mir. Der Mann ist wirklich eine Erscheinung und ich schaute ihn einfach nur an, was ich gesagt habe, daran erinnere ich mich nicht mehr. Er begrüßte noch ein paar andere Gäste, verabschiedete sich und nahm ein Tablett schmutziger Gläser mit nach unten. Zum Abschied ließ er uns noch zwei Gläser Vintage Portwein servieren.

Was für ein erstklassiger und brillanter Abend. Vier Drinks, eine Mahlzeit, ein Portwein und ich war noch fähig ein heißes Bad in der Hotelwanne zu nehmen, glücklich und berauscht von diesem Erlebnis.

Auf Wiedersehen München!