Teil 1 – Zwei Bars, Zwei Negronis, ein einzigartiges Erlebnis

Teil 1  – Zwei Bars, Zwei Negronis, ein einzigartiges Erlebnis

Seiberts Classic Bar & Liquid Kitchen

Ich habe ein paar Tage gebraucht, um mich von meiner ausschweifenden Geburtstagfeier zu erholen und endlich an dieser Stelle zu berichten. Reingefeiert habe ich bei der einjährigen Geburtstagsfeier der Bar Zentral in Berlin. Am nächsten Morgen ging es dann mit dem Flieger nach Köln. „Rausgefeiert“ habe ich dann auf dem zweiten Open Air Bar Market wieder zurück in Berlin.

Nun aber zu Köln. Seit zwei Jahren wollte ich schon das Seiberts besuchen und nun hat es endlich geklappt. Das Little Link hatte im gleichen Jahr eröffnet und auch diese Bar war Ziel meines Geburtstagsabends. Was schreibt man über Bars und Bartender, die bereits mehrfach ausgezeichnet und gerade sehr präsent auf den aktuellen Listen von Auszeichnungen vertreten sind? Über die eigentlich schon alles in der Presse zu finden ist?

Am Besten darüber, welche großartigen Gastgeber diese beiden Bars sind, und wie beide mich mit jeweils einem Negroni verzaubert haben. Märchenhaft startete der Abend kurz nach 17 Uhr im Seiberts. Ein Hauseingang, eine Klingel und ein zuvorkommender Empfang. Trotz des schönen Wetters bezog ich meinen Platz an der Bar. Der Außenbereich im Innenhof ist wunderschön gestaltet, aber ich sitze nun mal lieber direkt an der Bar. Die Stühle hier sind wahnsinnig bequem, sie haben ein breites Sitzpolster, weiches Leder und eine Rückenlehne, man sitzt wie in einem Sessel. Die Einrichtung ist klassisch, erinnert an eine exklusive Hotelbar, oder an einen Gentlemens Club mit Chesterfield Sofas mit einer sehr femininen Seite. Frische Blumen, weiche Kissen, ausgewählte Dekoration, Kronleuchter, schwere Vorhänge und schöne Tapeten. Es gibt viel zu entdecken, aber nichts ist überladen. Mein Blick fiel geradewegs auf die deckenhohen Regale hinter der Bar. Hier finden sich die Spirituosen, selbstverständlich alle sortiert und auch farblich sehr harmonisch abgestimmt. Bei genauem betrachten läuft einem schon das Wasser im Mund zusammen. Im obersten Regal entdeckte ich eine riesige Kollektion an Stählemühle Produkten. Mittlerweile blätterte ich durch die üppige Barkarte, die sehr viele Drinks enthält, aber so gut kategorisiert ist, dass man sich darin nicht verliert. Der grüne Einband fasst sich sehr schön an und weißt keinerlei Gebrauchsspuren auf. Diese Karte ist allerdings schon durch einige Hände gegangen, wie ich erfuhr, und auch hier findet man die Liebe zu Details und hochwertigen Produkten. Die Krake auf der Vorderseite zieht freundlich den Chapeau Claque und ist auch das Logo und Erkennungszeichen der Bar. Die Karte selbst hat auch mal wieder ein ungünstiges Handtaschenformat 😉

Was trinkt man nun aber in einer klassischen Bar? Einen klassischen und vor allem alten Cocktail. Crustas findet man nicht oft auf den Barkarten, hier aber schon. Ich finde die Kombination aus Spirituose, Säure und Süße sehr schön und erfrischend. Der Buffalo Crusta vereint Buffalo Trace Bourbon, Grand Marnier, Portwein, hausgemachten Rotweinsirup und eine große Orangenzeste zu meinem ersten Getränk der Abends. Der dicke Zuckerrand, die Kruste also, gibt übrigens diesem Drink den Namen. Hausgemachte Zutaten sind hier selbstverständlich und auch das Sous Vide Verfahren bringt intensive Aromen in die Drinks. Der Gin & Tonic im Seiberts ist legendär, da das eingesetzte Cold Drip Verfahren den Gin um einige Geschmackskomponenten bereichert. Die mir bekannteste Technik, die im Seiberts eingesetzt wird ist die Kunst der Fassreifung. So fand ein Brooklyn, der noch drei Monate im Sherryfass nachgereift ist, seinen Platz auf dem schönen Kacheluntersetzer vor mir. Herrlich, ein Traum, absolut rund und unglaublich lecker. Ich besuche viele Bars, aber das bedeutet nicht, dass man viele gute Drinks bekommt. An diesem Abend hatte ich im Übrigen einen besten Drink nach dem anderen.

Ich will aber zunächst noch das schöne Bartresen Konzept erwähnen. Der Tresen hat eine leichte Wolkenform, so dass das Barteam immer alle gut im Blick hat. Meine Cracker waren niemals leer und das Wasser immer voll. Man sitzt etwas erhöhter und somit auf Augenhöhe des Bartenders, was sehr angenehm ist. Die Beratung ist erstklassig, die Umgangsformen gepflegt, dezent und dennoch herzlich. Mittlerweile betrat Herr Seibert selbst die Bar. Er trug seine Barjacke und ich wurde etwas nervös. Ich liebe es wirklich sehr in Bars zu gehen, die Atmosphäre aufzunehmen, Drinks nach meinem Geschmack zu genießen, und ich habe großen Respekt vor der Handwerkskunst. Das Seiberts ist nicht nur eine „Classic Bar“, sondern auch eine „Liquid Kitchen“. Hinter dem abendlichen Barbetrieb steckt sehr viel Vorbereitung, es müssen frische Zutaten eingekauft und verarbeitet werden. Qualität und Kontinuität sind der Schlüssel zum Erfolg. Dies bedeutet immer vollen Einsatz bringen, und das funktioniert nur mit wirklicher Leidenschaft und Hingabe. Man hat eine Cocktailmärchenwelt vor sich mit dezenten und aufmerksamen Gastgebern, ein ruhiges und gepflegtes Trinken. Hinter den Kulissen wird allerdings emsig gearbeitet. In die Liquid Kitchen kann man übrigens durch das extra angefertigte Bullauge einen Blick werfen, wenn man auf dem Weg zu den Toiletten ist. Ich erwarte in allen erstklassigen Bars auch eine entsprechende Toilette. Das luxuriöse Handpeeling übertraf die Erwartungen natürlich.

Kommen wir nun zum letzten Drink des Abends und meinem besten Negroni bisher.

Ich hatte bereits die große Auswahl an Spirituosen erwähnt. Darunter befinden sich auch etliche Raritäten. Wir hatten uns darüber unterhalten und ich hatte auch verraten, dass heute mein Geburtstag war. Mir wurde ganz heiß, als plötzlich der Campari aus dem Jahre 1955 mit staatlichen 30% vol., ein alter Punt e Mes und der Beefeater Crown Jewel vor mir standen. Ich bekam einen wirklich spektakulären Negroni zu meinem Geburtstag. Präsente Kaffeenote mit roten Beeren, kräftig und doch sehr weich. Schon wieder ein unglaublicher Drink. Hatte mich nicht kürzlich jemand gefragt, warum ich immer wieder in Bars gehe? Genau deshalb!!! Mit dem „Fridge Pack“ von Goldberg und mit Volkers Konterfei zog ich weiter meines Weges. Ein Meilenstein in meiner Bargeschichte und sicherlich nicht mein letzter Besuch.

Schöne Bilder und die Karte kann man sich hier anschauen. Meine Eindrücke sind hier.